Initialzündung zu diesem Blog

Im Rahmen meines unfreiwilligen Ärztemarathons war bei einer Endokrinologin in meiner „Heimatstadt“. Na ja, ich wollte dahin. Nach einer Stunde Wartezeit wurde mir gesagt, dass ich nicht behandelt werde, da man das nicht richtig abrechnen könne (Details weiter unten).

Ich war kurz vorm Durchdrehen. Mein gewohntes Ventil, mich körperlich abzureagieren, ist leider kaputt – Seit zwei Jahren geht es mit mir körperlich stetig und steil bergab. Deshalb wollte ich ja zum Arzt. Die rettende Idee kam von einer Freundin, die mir auf meine Schilderung hin schrieb: „Was??? Bitte??? Äh kannst du mir einen Gefallen tun und eine Online Bewertung schreiben?“

Hm. Kann ich das? Wie macht man sowas? Ich habe noch nie etwas online (oder auch sonstwo) SCHLECHT bewertet. Wenn ich etwas gut finde, unterstütze ich es gerne – in Form von „Likes“, positiven Kommentaren oder was es sonst so gibt. Allgemein halte ich es aber wie Klopfer, der kleine Hase aus dem Disney-Film „Bambi“: „Wenn man nichts Nettes zu sagen hat, soll man den Mund halten“. So süß wie wahr.

In diesem Fall hielt ich es aber für eine gute Idee. Ich fühlte mich so unfassbar hilflos, woraus schnell ein enormer Unmut und daraus eine Riesenwut entstanden. Das musste ich einfach irgendwie loswerden. Herr Google half mir schnell und zuverlässig, ich wurde auf der Plattform „Jameda, Deutschlands größte Arztempfehlung“ fündig. Die Anforderungen an die Bewertung waren: „Formulieren Sie Ihre subjektive Meinung! Differenzieren Sie Ihre Notenbewertungen! Verzichten Sie auf Beleidigungen!“ Check. Also los!

Als Überschrift tippte ich: „Unterlassene Hilfeleistung?“
Im nächsten Feld folgte die Bewertung:

„Schon zu Beginn frage mich die Sprechstundenhilfe, was ich eigentlich hier wolle, ich wäre doch schon untersucht worden (ja, da hat sich schon einiges an Befunden angesammelt – deshalb bin ich ja bei einer Spezialistin, weil noch kein helfender Ansatz gefunden wurde). Nach einer knappen Stunde Wartezeit erklärte sie mir, dass Frau XY mich nicht behandelt, da ich schon bei einem Endokrinologen war (dort hatte ich Mitte Januar einen Notfalltermin eingeschoben bekommen). Dann könnte Frau Dr. XY das nämlich nicht so gut abrechnen – Das hat sie wörtlich zu mir gesagt! Ich könnte frühestens im nächsten Quartal (also in 2 Monaten!) wieder kommen.

Allerdings ist der Endokrinologe, bei dem ich war, ein gutes Stück von Kaiserslautern entfernt, und für mich ist es aktuell aus gesundheitlichen Gründen wirklich problematisch, dorthin zu kommen. Meine Bitte, die endokrinologische Behandlung daher bei Frau Dr. XY weiterzuführen, da es mir wirklich schlecht geht, wurde unfreundlich abgelehnt.

Bestimmt sucht ein junger, fitter und gesunder Mensch nicht aus Langeweile zwei Endokrinologen in kurzer Zeit auf. So viel unnötige Wartezeit opfert man, wenn man nicht mehr weiter weiß. Wenn man hofft, dass einem geholfen werden kann. Schade, dass es bei Frau Dr. XY darum offensichtlich nicht geht, sondern darum, wie viel sie abrechnen kann.“

Anschließend sollte ich die Punkte Behandlung, Aufklärung, Vertrauensverhältnis, genommene Zeit und Freundlichkeit mit Schulnoten bewerten. „Betrachten Sie dabei jede Kategorie für sich und stufen Sie die einzelnen Benotungen wenn erforderlich ab.“ Alle bekamen von mir eine glatte 6. Nicht aus Ärger oder weil ich der Ärztin eins reinwürgen wollte, sondern weil das genau meine Erlebnisse wiederspiegelte.

Das schmeckte der Plattform nicht. Nochmal kam der Hinweis, ich sollte bitte „differenzierte Noten geben, das sei für andere Patienten hilfreicher“. Also schaute ich mir die Punkte nochmal an. Behandlung – behandelt wurde ich gar nicht. Na gut, das Feld könnte ich offen lassen – das jedoch war nicht möglich, da es ein Pflichtfeld ist. Was Besseres als ungenügend kann ich für „keine Behandlung“ nicht vergeben. Nächster Punkt: Aufklärung – keine, also keine andere Wahl als ungenügend. Vertrauensverhältnis? – Unterirdisch! Genommene Zeit – NULL!. Freundlichkeit – wäre die Notenskala nach oben offen, läge der Wert verdächtig nahe an Unendlich. Es tut mir kein bisschen leid, für mich bleibt es bei der glatten 6. Und ich soll ja, siehe oben, subjektiv bewerten.

Auf den freiwilligen Teil (Kinderfreundlichkeit und sowas) verzichtete ich, gab lediglich noch an, das ich kassenversichert bin (was offensichtlich eine große Rolle spielte), andere Patienten mir gerne Fragen stellen dürfen und ich diesen Arzt generell nicht weiterempfehlen würde. Dann der rechtliche Teil: Hiermit versichere ich, dass ich von diesem Arzt behandelt wurde (da fehlt mir definitiv ein jein-Feld). Meine Bewertung entspricht meiner persönlichen Erfahrung. Ich stehe in keiner persönlichen oder geschäftlichen Beziehung zu XY. Bewertung abschicken.

Erstaunlich zügig (die prüfen scheinbar schnell) erhielt ich eine Mail von Jameda:

Lieber jameda-Nutzer,

vielen Dank, dass Sie auf jameda eine Bewertung für Dr. med. XY abgegeben haben. Gerne schalten wir diese auch frei. Jedoch enthält Ihr Bewertungstext einige Stellen, die gegen unsere Nutzungsrichtlinien verstoßen. Wir bitten Sie deshalb, die von uns markierten Textteile aus Ihrer Bewertung zu streichen oder abzuändern.
In Ihrem persönlichen Login-Bereich können Sie Ihre Bewertung einsehen und den Text unkompliziert verändern. Wir haben dort auch die betroffenen Text-Abschnitte für Sie gekennzeichnet.

» Jetzt meine Bewertung anpassen…

Wir würden uns freuen, wenn Sie sich diese Mühe machen und kümmern uns nach Ihrer Überarbeitung der Bewertung gerne um eine schnelle Freischaltung.

Mit besten Grüßen
Ihr jameda Team

Bitte? Ist etwa auch die unabhängige Bewertungsplattform korrupt? Grummeld öffnete ich den „Jetzt meine Bewertung anpassen“ Link. Allerdings war in meinem Text NICHTS gekennzeichnet. Also drückte ich einfach nochmal auf „Bewertung abschicken“.
Etwa zwei Minuten später (die sind echt fix!) die nächste Mail:

Lieber jameda-Nutzer,

vielen Dank für Ihre Bewertung für XY.
Wir haben Ihren Kommentar online gestellt. Ihre Notenvergabe wurde allerdings nicht berücksichtigt. Das kann unterschiedliche Gründe haben – z. B. weil Sie nicht in Behandlung waren oder weil Kosten- und Abrechnungsstreitigkeiten im Vordergrund standen.
Sie finden Ihre Bewertung unter:
https://www.jameda.de/arztsuche/profil/bewertungen.php?id=… […]

Mit besten Grüßen
Ihr jameda Team

Puuuh. Ich atme ein. ICH RASTE AUS!!!! Das kann doch nicht deren Ernst sein??? Ich klickte auf den Link. Überschrift: „Schon zu Beginn fragte mich die Sprechstundenhilfe, …“. Nein, nein und nochmal nein! Meine Überschrift lautete „Unterlassene Hilfeleistung?“. Um es ein wenig zu entschärfen, mit einem Fragezeichen, obwohl in meinen Augen ein Ausrufezeichen dahinter gehören würde! Nein, drei!!! Zudem waren meine „Noten“ nicht aufgeführt. Tolle Bewertung.

Ok. Liebe Freundin, die Idee war gut. Aber es hilft nichts. Wenn ich versuche, meine Wut in einer unabhängigen Bewertungsplattform loszuwerden, rege mich noch mehr auf, weil ich meine ehrliche Meinung nicht äußern darf. Weil diese kurze Bewertung mit ihren Antworten und meinen Gedanken dazu nun schon drei Seiten füllt, ändere ich den Plan: Wenn ich meinen Unmut nicht auf offiziellen Websites loswerden kann, brauche ich eben eine eigene. Jawohl, auch wenn der Zug glaube ich schon lange wieder abgefahren ist, fange ich an zu bloggen. Ich kenne mich in der Bloggerwelt wenig aus, könnte mir aber vorstellen, dass der Markt an Blogs von „unverstandenen Patienten“ noch nicht restlos überfüllt ist. Und wenn doch ist es auch egal, schließlich ist es mehr ein „reinigendes“ Schreiben, um meinen Kopf aufzuräumen. Quasi ein mentaler Detox-Blog. Wenn es niemand lesen will, macht das ja nichts.

Der einzige Blog, den ich bisher verfolgt hatte, ist der eines Freundes, der sich glücklicherweise hervorragend mit Computersachen auskennt und hoffentlich nicht an mir IT-Nerd verzweifelt. (Computersachen mag komisch klingen, aber näher kann ich das nicht spezifizieren, ohne Gefahr zu laufen einen peinlichen Fehler in meiner Wortwahl zu machen. Ja, so gut kann ich das :-).)

(Edit: Ich habe meine Bewertung später nochmal online gestellt und eine Note auf 5 gesetzt – mit der differenzierten Notengebung ging es dann durch. Da war der Blog aber schon in vollem Gange.)

2 thoughts on “Initialzündung zu diesem Blog

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