Faszienrollen

Ich bin mir mittlerweile sehr sicher, dass mit ein Ursprung meiner Hüftprobleme ein viel zu hoher Muskeltonus und faszialer Zug meiner hüftumgebenden Muskulatur ist. Das ist ja auch kein Wunder: Egal wo ich gerade arbeite, ich mache die ganze Zeit Übungen: Wenn es gut läuft, mache ich sie nur vor und korrigiere beziehungsweise optimiere die Ausführungen. Das alleine ist schon Bewegung genug, wenn man es jeden Tag acht Stunden macht. Meistens mache ich aber die ganze Zeit mit, weil die meisten Menschen, mit denen ich trainiere, sofort aufhören, wenn ich aufhöre. Egal ob das in der Klinik ist, oder wenn ich mit Freunden oder Familie trainiere: Sobald ich aufhöre, hören die meisten mit auf 😀 Die einzige Möglichkeit, dass alle weiter machen, ist dass ich die ganze Zeit sage: „Weitermachen, weitermachen, weitermachen“. Das ist mir meistens auf Dauer zu doof, deshalb mache ich dann doch mit. Zusätzlich zu dem „Arbeits-Training“ in der Klinik habe ich immer noch viel Kraft- und Stabytraining in meiner Freizeit gemacht. Gezieltes, auf mich angepasstes Training – ist ja superwichtig, keine Frage. Aber es macht den Muskeltonus auch immer höher, höher und noch höher. Klar habe ich mich auch oft gedehnt, und über die Faszienrolle gequält – aber das Verhältnis war immer sehr stark Richtung „Tonusaufbau“ verschoben. Man hat halt, wenn man schwitzt und kämpft, einfach eher das Gefühl, etwas zu verbessern.

Zudem blieb die große Faszienroll-Motivation bei mir wohl auch auf mittelmäßigem Niveau, weil ich keine wirklich nachhaltigen Effekte dabei spüre: Der starke Schmerz beim Rollen lässt zwar während der Übung selbst irgendwann nach, und direkt nach dem Rollen fühle ich mich immer deutlich besser als davor. Aber schon wenige Minuten später ist es wieder wie vor dem Rollen, und wenn ich  dann nochmal rolle, habe ich dabei wieder die gleichen Schmerzen wie am Anfang des ersten Rollens. Scheinbar ist mein faszialer Tonus so hoch, dass ich mich sehr schnell wieder „zurückziehe“.

Und weil ich mir vorgenommen habe, jetzt mal mir selbst das zu predigen, was ich meinen Patienten in meinem Fall raten würde, gibt es bei mir ab jetzt einen Riesenüberschuss an tonussenkenden Maßnahmen. Dann muss dieser verdammte Tonus jetzt eben runter, damit das nicht mehr ständig passiert!! Ab in den Keller damit!! Klar kann ich radeln oder auch mal ein bisschen Krafttraining machen – aber muss dafür halt die doppelte oder dreifache Zeit in Mobilisation, Beweglichkeitstraining, Dehnung und Faszienrollen investieren.

Diesen Plan setze ich tapfer seit einigen Tagen durch. Weil über eine Stunde Mobilisieren, Dehnen und Rollen ganz schön langweilig ist, treffe ich mich dazu mit Freunden oder schaue mir ein online-Video dabei an – gestern zum Thema Arthrose von Roland Liebscher-Bracht. So kann ich mich gleichzeitig körperlich und fachlich verbessern, und außerdem motiviert mich das zum Rollen – perfekte Kombination! Das Video dauert 56 Minuten, und die habe ich tapfer (und unter gebührenden Schmerzen) durchgerollt. Selbstverständlich auf meiner härtesten Rolle (ich habe mir extra eine aus Kork bestellt, die ist noch härter als die Schaumstoffrollen. Viel hilft schließlich viel – und ich will ja vorankommen!!) bin ich über jede Stelle bestimmt 20 Mal gerollt. Hin und her, hin und her, … .

Am Ende des Videos ploppte auf: „Sehen sie auch: Diese drei Fehler solltest Du beim Faszienrollen unbedingt vermeiden“.

„Uninteressant. Ich rolle schon so lang, ich weiß, wie das geht“, dachte ich. Aber ich hing gerade so über meiner Rolle, dass ich nicht an den Laptop rankam, also lies ich es weiter laufen, hörte aber nur halbherzig hin.

„Der häufigste Fehler, der bei der Arbeit mit der Faszienrolle gemacht wird, ist, dass immer hin und her gerollt wird.“ Ehm – Moment!!! Bitte was soll daran falsch sein? Überall steht, dass man jede Stelle mindestens sieben Mal rollen soll- manche schreiben sogar 20 Mal! Die Erklärung dafür, dass man nur einmal in eine Richtung rollen soll, lautet, dass man die Abfallstoffe ja aus dem Gewebe heraustransportieren, und nicht immer wieder hin- und herschieben möchte. Man könnte es sich so vorstellen: Wenn man einen Raum hast, der mit Dreck voll liegt, was bringt es dann, den Dreck immer wieder hin- und herzuschieben? Deshalb soll man an einem Ende starten, das was bewegt werden soll (die alte, verbrauchte Flüssigkeit, dazu gleich mehr) vor sich herschieben, bis es dann letztendlich mit der Lymphe abtransportiert wird. Die Rolle drückt also die alte Flüssigkeit aus dem Gewebe. Da, wo die Rolle vorbei ist, kann aus dem Kapillarsystem frische Flüssigkeit nachsickern. Eine Wiederholung reicht dabei völlig aus, denn dann ist ja bereits frische Flüssigkeit nachgelaufen, die man erst mal ger nicht wieder rausdrücken möchte.

Der zweite Fehler sei zu schnelles Rollen. Man sollte sich ganz langsam, Millimeter für Millimeter vorarbeiten. Gmpf. Und warum das? Roland Liebscher-Bracht erklärt, dass man mit dem Rollen eine Verschiebewelle der Zwischenzellflüssigkeit erreichen möchte. Da in den winzigen Zwischenräumen, zwischen den ganzen Faszienfäden, dem Fasziengewebe und den Zellen selbst aber nur sehr, sehr wenig Platz ist, sei es super schwer, da überhaupt Flüssigkeit in Bewegung zu setzen. Einfach ausgedrückt: Die Interzellulärflüssigkeit schwappt da nicht einfach rum, sondern sitzt tief zwischen den Zellen. Wenn man da zu schnell drüber rollt, passiert überhaupt nichts, außer, dass man eben drüber rollt und vielleicht, mit viel Grück, ein bisschen Flüssigkeit verteilt. Aber eine fortschiebende Flüssigkeitswelle wird man so nicht erreichen. Deswegen soll man gaaaaanz, ganz (!!!) langsam rollen.

Es gibt sogar noch einen zweiten Grund für das langsame Rollen: Wenn man schnell rollt, werden Fibroblasten angeregt, Kollagen, das heißt neues Bindegewebe, zu erzeugen. Die meisten Menschen haben aber sowieso schon  ein Problem mit zu viel Bindegewebe in den muskulär-faszialen Engpässen. Das heißt, da ist bereits zu viel Faszie vorhanden, die zu dicht und verfilzt ist. Durch das schnelle Rollen wird das nochmal angetriggert. ARG, Stopp!!! Das ist ja genau das Gegenteil von dem, was ich erreichen will!!

Liebscher-Bracht verspricht: Wenn man langsam rollt, hat man eine reelle Chance, tatsächlich Flüssigkeit vom Fleck zu bewegen,  und gleichzeitig werden die Flimmerhärchen an den Fibroblasten nur in einem Winkel von maximal 30 Grad bewegt. Unter diesen Bedingungen kriegen Fibroblasten den Auftrag, Verfilzungen abzubauen – und genau das will ich! Also: Maximaler Druck auf die Rolle, und dann Millimeter für Millimeter immer weiter rollen – und nicht zwischendurch anhalten! Absetzen und umgreifen/ umpositionieren ist jederzeit erlaubt, aber die Bewegung des Gewebes auf der Rolle sollte immer mit maximalem Druck geschehen.

Zu dem maximalen Druck passt der dritte Fehler: „Die Rolle ist zu hart!“ Das Problem bei sehr harten Rollen mit zu großem Durchmesser sei, dass die Rolle zu schnell mit den Knochen kollidiert. Dadurch entsteht sehr schnell ein limitierender Druck am Knochen, der verhindert, dass man tief genug ins Gewebe eindringen kann, um die Verschiebewelle zu erreichen.

Hm. Na ja. Für das Thema Fazienrollen gibt es natürlich verschiedene  Theorien. Trotzdem klingt das alles gar nicht mal so unlogisch. Doof für den Moment, in dem ich gerade sein einer Stunde unaufhörlich und zügig immer hin- und hergerollt habe, unter fiesen Schmerzen auf einer extraharten Rolle. Schade,dass das dann umsonst war.

Schön fürs nächste Mal, bei dem ich viel angenehmer auf einer weicheren Rolle arbeiten kann, alles nur einmal rollen muss und dadurch bestimmt schneller fertig bin – und mal schauen, vielleicht auch langfristige Ergebnisse erziele? Ich bin gespannt und werde berichten!

 

2 thoughts on “Faszienrollen

  1. Super Carina!
    Diese Fehler werden bei uns auch zu 90% beim Rollen im Studio gemacht!
    Langsam und nur eine Richtung und nicht hin und her rubbeln!
    Sehr schöne Ausführung!
    Gruß Sandro

  2. Hi Carina,

    hmmm vermutlich ist es auch eine Frage was man damit erreichen will? Vieles ist da meines Wissens nach auch noch nicht richtig erforscht. So z. B. auch ob es hier auch eine Dosis gibt die das Gift macht, wie oft gerollt werden sollte, wie lang, …..

    Mein Physio von dem ich sehr, sehr viel halte empfiehlt das Rollen (max) alle 2 Tage, ganz laaaangsam durchzuführen aber mit hin- und herrollen. Für die Waade z. B. auch mit Innehalten auf einem schmerzhaften Punkt um dann mehrfach das Sprunggelenk zu strecken und zu beugen. Soll helfen den Muskel stärker zu entspannen und das Gelenk zu mobilisieren (zumindest soweit ich es verstanden habe :-).

    Habe auch einen eher hohen Muskeltonus und empfinde das Rollen (langsam hin- und her) insbesondere der rückseitigen Beinmuskulatur, die oft verspannt ist, mehr als angenehm. Klar ohne Schmerz geht das nicht aber es fühlt sich danach umso viel besser an, so dass ich das investiere.

    Bezüglich der Härte der Rolle fand ich die erste Empfehlung von Blackroll als die Rollen noch nach Körpergewicht eingeordnet waren passender. Die Rolle die ich verwende ist nach der damaligen Empfehlung für bis 80 kg (heute Standartrolle). Mit 84 kg passt sie für mich perfekt.

    Keep on rolling 🙂

    Mit laufenden Grüßen

    Uli

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