In einem Buch, das ich gerade lese (“Der Mann, der glücklich sein wollte”), geht es unter anderem um die Wirkung von Placebos. Ich hatte das schon einmal gelesen, und auch die Zahlen waren mir bereits bekannt, aber sie erstaunen mich immer wieder aufs Neue:
Kurz vorweg: Das Wort Placebo stammt vom Lateinischen “placere” und bedeutet “ich werde gefallen“. Placebos sind inaktive, neutrale Substanzen, die einem Medikament in Aussehen und Geschmack gleichen. Patienten, die ein Placebo bekommen, gehen sie davon aus, dass sie das „richtige“ Medikament bekommen. Wenn man jemandem sagen würde „hier ist ein völlig wirkungsloses Zuckerkügelchen, nimm es und es wird dir besser gehen“, wäre die Einnahme kaum wirksam. In Verbindung mit dem Glauben an die Heilung wirken Placebos allerdings wahre Wunder:
In vielen Fällen reicht der Glaube an die Heilung (also ein Placebo) aus, um Patienten zu heilen – laut einer amerikanischen Studie in 30 Prozent der Fälle! Fast ein Drittel aller Patienten könnte man demnach die Einnahme und somit auch die Nebenwirkungen von chemischen Medikamenten ersparen.
A propos Nebenwirkungen: Noch verblüffender ist folgende Studie (wenn man auch den moralischen Hintergrund anzweifeln muss): An Krebs erkrankten Patienten wurde ein „Chemotherapeutikum“ verabreicht, das in Wahrheit ein Placebo war. 33 Prozent der Patienten fielen daraufhin sämtliche Haare aus!! Wahnsinn, oder?! Einfach nur aus Angst davor, und durch den Glauben daran, passiert das Befürchtete, ohne jeglichen physiologischen Grund dafür.
Der Protagonist des Buches stellt sich daraufhin die Frage, warum nicht auf diesem Gebiet weiter geforscht wird. „Warum konzentriert sich die Forschung auf die Entwicklung und Herstellung teurer, stets mit Nebenwirkungen verbundener Medikamente, wenn psychische Phänomene einen so starken Einfluss auf Körper und Krankheit haben? Weshalb interessiert man sich nicht viel mehr dafür, die Kranken auf psychischem Wege zu heilen?“
Der Dichter Eugen Roth fasste die (mutmaßlichen) Beweggründe in einem Vierzeiler zusammen:
Gleichgewicht
“Was bringt den Doktor um sein Brot?
a) die Gesundheit, b) der Tod.
Drum hält der Arzt, auf dass er lebe,
Uns zwischen beiden in der Schwebe.”
Zurück zum Buch: Der Heiler, der den Protagonisten zu seiner Recherche über Placebos anregte, spinnt dessen Gedanken weiter. Um zu zeigen, dass die Wirkung des Glaubens schon lange bekannt ist, zitiert er dafür eine Stelle aus der Bibel:
„Jesus antwortet den Blinden, die um Heilung bitten (Matthäus 9, 28-29): Glaubt ihr, dass ich euch solches tun kann? Da sprachen sie zu ihm: Herr, ja. Da rührte er ihre Augen an und sprach: Euch geschehe nach eurem Glauben.“
Dem sehr verblüfften Protagonisten berichtet der Heiler von einer weiteren Studie eines amerikanischen Wissenschaftlers, der die Wirksamkeit verschiedener Behandlungsmethoden gegen Krebserkrankungen erforschte. Er stellte fest, dass die Leute, die geheilt wurden, eine wichtige Gemeinsamkeit hatten. Die Gemeinsamkeit war keineswegs die Heilungsmethode – die Patienten wurden mit unterschiedlichsten Methoden behandelt. Gemeinsam hatten sie die absolute Überzeugung, dass ihre Therapie anschlagen wird und sie wieder gesund werden.
Dazu fällt mir ein Zitat von Henry Ford ein, das das Prinzip der selbsterfüllenden Prophezeiung beschreibt:
“Ob Du glaubst, du schaffst es oder ob Du glaubst, Du schaffst es nicht: Du hast in jedem Fall Recht.”
Auch wenn dieses Zitat meist auf Projekte und Selbstverwirklichung bezogen wird (und dort sehr wertvoll und richtig ist), scheint es auch eine große Rolle in der Gesundheit zu spielen. Allerdings würde ich es gerne auf „… du hast in den meisten Fällen Recht“ relativieren. Schließlich gibt es auch wunderbar positive Menschen, bei denen am Ende trotz allen Lebensmutes und aller positiven Energie die Krankheit das letzte Wort hat.
Interessant finde ich an diese Stelle auch den Ansatz, seine Gedanken immer im Positiven zu formulieren. Der Grund dafür klingt banal, könnte aber weitgreifende Auswirkungen haben: „Das Unterbewusstsein kennt keine Verneinung!“ Das heißt aus dem Satz „Ich möchte nicht mehr krank sein!“ macht das Unterbewusstsein womöglich „Ich möchte mehr krank sein!“, da es Worte wie nein/nicht/keine herausfiltert. Deshalb sind Gedanken wie „ich möchte gesund, fit, frisch, fröhlich, gut gelaunt sein“ wirkungsvoller.
Banales Beispiel: Heute erzählte mir jemand beim Radfahren, dass er immer wenn er eine Wurzel sehe nur denken würde „bitte nicht über die Wurzel!“. Wo rollen seine Reifen zwangsläufig drüber? Natürlich über die Wurzel! Warum? Sein Unterbewusstsein übersetzt „bitte über die Wurzel!“
Nochmal zum Thema Placebo: Sehr schade finde ich, dass der Placebo-Effekt oft als mangelnde Wirksamkeit verstanden wird. Dabei ist ja das Gegenteil der Fall. Ein Placebo-Effekt ist sehr wohl ein wirksamer Effekt – dadurch, dass er ohne Chemiekeulen wirksam ist, finde ich ihn sogar doppelt wertvoll! Sollte uns die Selbstheilungskraft unseres Körpers nicht die liebste Art der Wirkung sein?
„Das ist ja nur ein Placebo-Effekt“ ist für viele Menschen eine abschätzige Aussage – für mich die beste Nachricht in einem Heilungsprozess. . Denn dann weiß ich, dass der Patient daran glaubt, gesund zu werden, und sein Körper die Energie dafür in die richtigen Bahnen lenken kann. Besser kann es doch gar nicht laufen.
Mittlerweise sind Placebos gut erforscht. Eckart von Hirschhausen beschreibt, dass „blaue Placebos beruhigen, rote anregen. Vier Tabletten mit nichts drin wirken stärker als zwei. Placebospritzen wirken besser als Tabletten. Am besten wirken Placebooperationen (das ist wirklich verrückt. Warum muss es für uns immer die schlimmer, extremer, mehr sein?!). Teure Placebos zeigen mehr Wirkung als billige (natürlich. Und teurer..)“. Schön finde ich auch folgenden Vorschlag: „Kaufen Sie sich eine Packung Smarties und nehmen Sie davon dreimal täglich eins ein, als Placebo. Sie entscheiden selbst, wofür oder wogegen.“ In diesem Falle zweifle ich die Wirkung zwar an – aber hey, es gibt Smarties!!! Ich werde allerdings die Dosis erhöhen. Sicher ist sicher.
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