Meine letzten Wochen waren mal wieder ganz schön voll: Voll mit Terminen, Überlegungen, langen Arbeitstagen, kurzen Nächten. In manchen Phasen kann das positiver Stress sein: Wenn man mit Freunden an einem Projekt arbeitet, eine Wohnung renoviert, sich gerade selbst weiterentwickelt, eine Ausbildung macht – es gibt tausend Arten von kreativem, produktivem Chaos.
In vier Worten: So war es nicht.
Ich neige dazu, Dinge „wenn, dann richtig“ zu machen. Halbgas fällt mir schwer. Ich gehe nicht langsam die ersten Schritte und schaue erst einmal, was dabei herauskommt, sondern starte meistens im Sprint – aus dem Tiefstart. Das man sich dabei auch mal „verrennen“ kann, ist klar. In meinem aktuellen Beispiel ist es darin geendet, dass ich mit Vollgas gegen die virtuelle „Mauer der Erkenntnis“ gebrettert bin. Die Beule am Kopf ist zwar genauso wenig sichtbar wie die Mauer, die Kopfschmerzen haben sich dafür ganz schön echt angefühlt.
Ich bin in den letzten Wochen nicht nur wenig dazu gekommen, etwas für meine Gesundheit zu tun (siehe Eintrag von gestern), sondern auch nicht mehr zum Bloggen. „Das ist doch nicht schlimm“ – sagen die meisten. Stimmt. Dass da mal ein paar Wochen keine „Carina hat etwas neues gepostet“-Mail ins Postfach flattert, ist nicht schlimm. Das Internet kommt auch ohne meine geistigen Ergüsse wunderbar zurecht. Aber das Bloggen steht für mich im übertragenden Sinne für all das, was ich für mich tue, und was mir gut tut. Dafür blieb wenig Zeit. Und auch viel (!) zu wenig Zeit für meine Freunde und Familie.
Auch wenn das nicht schön war, hatte es durchaus etwas Gutes: Mir ist nämlich klar geworden, wo ganz schön viel meiner Zeit und Energie hinfließt.
Allerdings muss ich dafür ein bisschen weiter ausholen:
Dass ich schlecht nein sagen kann, weiß ich. Ich gebe mir manchmal ein bisschen Mühe, es ändert sich aber nicht so viel daran, und das ist auch ok. So bin ich eben, das macht mich aus. Ich sehe diese Eigenschaft bei anderen als etwas überwiegend Positives an (mit kleinem Hang zum Zerstörerischen), warum also nicht auch bei mir? Anstrengender als das ist für mich, dass ich meine Ressourcen, Zeit und Energie nicht nur bei gefühlt jeder Gelegenheit anbiete, sondern oft auch ungefragt investiere – in der festen Annahme, dass die anderen das ja nur gut finden können.
Ich tue das wirklich nicht, damit mir jemand dankbar ist – meinetwegen müssen die Menschen, denen ich „helfen“ möchte, das noch nicht einmal wahrnehmen. Ich möchte nur, dass es den Leuten, die ich mag, gut geht. Und wenn ich etwas dazu beitragen kann, dann tue ich das – einfach so. Blöd nur, dass mir bisher leider nie in den Sinn kam, dass die das möglicherweise gar nicht wollen.
Ich bin ein zielgerichteter Mensch. In Situationen, die mir nicht passen, gibt es für mich drei Optionen: Akzeptieren, daran arbeiten, oder mich davon distanzieren. Das heißt nicht, dass ich nicht stunden-, oder auch mal tagelang immer wieder über das gleiche Thema sprechen kann, ohne zu einem Schluss zu kommen – egal ob es dabei um mich, oder um Probleme von Freunden geht. Nur irgendwann muss das energieraubende Gedankenkreisen durchbrochen und eine Entscheidung getroffen werden: Akzeptieren, ändern oder loslassen. Dieses Gesetz gilt in meiner Welt, und damit fahre ich in der Regel gut. Mein Fehler ist, das auch auf andere anwenden zu wollen.
Wenn ich der Meinung bin, dass (für meine Freunde, Bekannte, oder irgendjemanden, den ich gerade zufällig kennen gelernt habe, und der mir nicht gänzlich unsympathisch ist) die Zeit zum Handeln gekommen ist, lege ich los: Dann beschaffe ich Informationsmaterial, erarbeite Lösungswege, stelle Kontakte her oder werde auf welche Art auch immer aktiv. Manchmal klappt das wunderbar. Meistens sogar. Aber manchmal – und in letzter Zeit häufen sich diese Fälle – falle ich damit so richtig schön auf die Schnauze. Dann wollen die Leute einfach in ihren Zustand bleiben, sind (noch?) nicht handlungsbereit – oder finden meine Ideen ganz einfach blöd. Das ist natürlich auch ihr gutes Recht! Unterm Strich stecke ich jede Menge Energie in mein mir selbst erstelltes „Projekt“, und die Person, um die es geht, findet das im schlimmsten Fall nicht nur unnötig, sondern nimmt es mir auch noch so richtig übel.
Im ersten Moment war ich erschüttert. Dann ist mir klar geworden, dass es total egal ist, wie gut etwas gemeint ist oder wie hilfreich die Ideen sind. Es ist nicht meine Angelegenheit, und meine Versuche, mich einzubringen, können mir durchaus berechtigt als anmaßende Grenzüberschreitung ausgelegt werden – egal, wie gut sie gemeint sein mögen, und völlig egal, wie viel Energie und Zeit ich reingesteckt habe. Es hat mich schließlich keiner darum gebeten!
Donnnggggg- ich bin wirklich volle Lotte gegen die Mauer der Erkenntnis geknallt. Habe Sternchen gesehen, die Welt hat sich gedreht (viel schneller als sonst), mein Kopf gebrummt. Auch wenn das komisch kling, für mich war das wirklich eine schmerzhafte Erkenntnis – denn sie bringt mich in ein Dilemma: Ich WILL helfen, es ist mir ein ehrliches Bedürfnis, die Welt für mein Umfeld so angenehm und schön zu gestalten, wie ich es aus meiner Kraft kann. Die meisten möchten aber gar nicht, dass ich mich einmische, und so entsteht eine blöde Situation für beide Seiten.
Ganz banales Beispiel: Wenn ich der Meinung bin, ein gutes Buch für jemanden zu wissen – das ihn in seiner aktuellen Situation unterstützt, stärkt und voranbringt – dann besorge ich dieses Buch für diese Person. Recht einfach ist es, wenn ich das Buch zu Hause habe, dann kann ich es verleihen. Wenn ich es nicht zu Hause habe, frage ich denjenigen, von dem ich es geliehen hatte, oder – noch bescheuerter– ich kaufe es gleich selbst, um es der Person zu leihen – oder gleich zu schenken. Damit fängt das Drama aber gerade erst an, denn wahrscheinlich möchte die Person das Buch gar nicht lesen, vielleicht möchte sie sich noch nicht einmal mit diesem Thema beschäftigen. Jetzt fühlt sie sich aber genötigt, es zu lesen, denn schließlich werde ich ja wahrscheinlich fragen, wie sie es findet, ob es ihr hilft. Schon haben wir eine doofe Situation zwischen uns beiden – und das ist wahrlich das Letzte, was ich mit meinem Aktionismus wollte.
Wie man das vermeiden könnte, ist so klar und unkompliziert, dass ich selbst kaum fassen kann, dass ich schon zwei Seiten darüber geschrieben habe: Einfach zuhören, und maximal den Namen des Buchs erwähnen. Wenn die Person dann fragt, ob ich ihr das Buch ausleihen kann – DANN kann ich aktiv werden. Und auch nur dann.
Deshalb arbeite ich jetzt daran, mich nur noch einzubringen, wenn ich gefragt oder darum gebeten werde. So blöde das klingt, das fällt mir echt schwer. Ich versuche das nun schon seit ein paar Wochen, und erwische mich selbst immer wieder beim darüber Nachdenken, wie ich Situationen verbessern und Leuten helfen könnte. Dann wünsche ich mir regelrecht, dass sie mich um Hilfe bitten, oder wenigstens nach meiner Meinung fragen. Das passiert aber nicht, und ich muss alle meine guten Ideen für mich behalten. Mist 😀 .
Ganz bestimmt werde ich nie jemand werden, der nur nach sich schaut und dem sein Umfeld egal ist. Nur ein bisschen weniger verzetteln und Zeit und Energie mit Dingen “verpulvern”, die am Ende niemanden interessiert, wäre für mich ein guter Weg. Dann hätte ich nämlich mehr Zeit, die ich mit den Leuten verbringen könnte, die sich über meinen Übereifer freuen – oder es mir mindestens nicht übel nehmen ;-). Die gibt es nämlich zum Glück auch. Und zum Riesenglück für mich machen die das auch umgekehrt mit mir genauso: unterstützen mich in Dingen, die ich alleine niemals hinbekommen würde, motivieren mich, hören mir zu, geben Ratschläge, knüpfen Kontakte, machen mein Leben wundervoll. Einfach so, auch wenn ich sie nicht darum bitte.
Auch wenn ihr das gar nicht hören wollt: DANKE!!!