Cortison fetzt

Von Tag zu Tag bin ich mehr davon überzeugt, dass es die richtige Entscheidung war und ist, Cortison einzunehmen.

Ich habe kaum noch Schmerzen, bin wieder viel aktiver, und bin dadurch auch wieder fröhlicher und  besser gelaunt. Nicht nur im Alltag und Beruf, auch beim Sport merke ich, wie von Tag zu Tag die Leistung zurückkommt. Obwohl ich mich nur nach Lust und Laune bewege und nicht gezielt trainiere, bin ich schon alleine dadurch wieder erstaunlich fit geworden. Ich bin jeden Tag aufs Neue überrascht, was schon wieder geht und kann selbst kaum glauben, wie schnell die körperliche Leistung zurückkommt. Meine Patienten tröste ich immer mit dem „körperlichen Gedächtnis“. Das heißt, dass der Körper sich an seine frühere Leistungsfähigkeit erinnert und nach einer Verletzungspause daran anknüpfen kann. Dass das allerdings so schnell geht, und auch nach so einer langen Pause funktioniert, hätte ich nicht gedacht. Scheinbar habe ich einen sehr guten Gencocktail von meinen Eltern mitbekommen :-).

Berge, die ich zwischendurch sogar mit dem E-Bike anstrengend fand, flitze ich jetzt wieder ohne Probleme mit dem normalen Rad hoch – und habe einen Heidenspaß dabei. Ich habe beim Radfahren nicht mehr das Gefühl, dass es mir den „Stecker zieht“, sondern dass ich mir mit jeder Kurbelumdrehung mehr Energie in den Körper trete – sogar berghoch. Ich lade körperlich und mental meine Speicher auf – und komme dabei meinem „alten Ich“ immer näher.

Meine zurückkehrende Kraft nutze ich im Moment am Liebsten, um Neues auszuprobieren. Statt immer „nur“ einfach radeln, macht es super Spaß Zeit in eine Techniktraining zu investieren – und lohnt sich! Neben einem schönen Muskelkater nimmt man coole Kontakte und eine enorme Technikverbesserung mit – die langfristig den Spaß- und Sicherheitsfaktor beim Radfahren erhöhen und ganz nebenbei schneller machen. Das kann man wunderbar auf andere Lebensbereiche übertragen: Gestresste Menschen haben nie Zeit für Zeitmanagement-Workshops, dabei würde die Teilnahme ihnen langfristig viel mehr bringen als das uneffektive, permanente Werkeln an ihren Projekten.

Über meine „mentalen Projekte“ berichte ich ein anderes Mal. Heute freue ich mich wie ein Schnitzel, wieder auf der sportlichen Ebene aktiv sein zu können, und habe ein so schönes Endorphinfeuerwerk im Kopf, dass ich an gar nichts anderes denken mag.

Also zurück zum sportlichen Teil: Heute war ich mit einer anderen coolen Truppe auf einem (für mich) neuen, anspruchsvollen Trail unterwegs. Dabei ist mir klar geworden, dass ich noch bewusster als früher schönen Momente genieße – nette Gespräche mit coolen Leuten, schöne Landschaften, das Überwinden kniffliger Stellen. Trotzdem merke ich so langsam, dass es mich auch wieder juckt, Höhenmeter zu sammeln und Kilometer zu fressen – und das freut mich umso mehr. Ich bin wieder energiegeladen und Freue mich auf neue Herausforderungen, statt mich zu fragen wie ich den Weg vom Auto zur Arbeit schaffen soll. Trotzdem bleibe ich vorsichtig und gehe es langsam an. Versprochen. Erst mal. 🙂

Heute Abend habe ich noch etwas Neues ausprobiert: Aerial Yoga. Dabei macht man klassische Yogaübungen (und viele andere) in, auf oder an einem großen Nylonschlaufentuch, das mit einem stabilen Haken an der Decke befestigt ist.

Ich hatte absolut keine Ahnung, was ich mir darunter vorstellen könnte, und bin völlig unvoreingenommen hingefahren. Begeistert war ich schon nach den ersten fünf Minuten. Alleine in diesem Tuch liegen ist schon unfassbar angenehm. Man kann sich in alle Richtungen frei bewegen, fühlt sich dabei schwerelos, und trotzdem durch das Tuch sicher und geborgen. Es ist fast wie „schweben“ im Wasser, nur dass man dabei atmen kann.

Nicht alles war so entspannend – manche Übungen waren koordinativ anspruchsvoll, manche erforderten Gleichgewicht, andere eine Menge Kraft, und einige vor allem Mut. Sich in die Schlaufe setzen und nach hinten kippen lassen, bis man kopfüber frei hängt, ist im ersten Moment eine Überwindung, die sich aber definitiv lohnt. Man erfährt eine ganz andere Art der Entspannung, wenn man nach unten „aushängt“ und dabei alles strecken und loslassen kann. Auch das habe ich heute sicher nicht zum letzten Mal gemacht.

Ich bin erst in der sechsten Woche mit Cortison, und bin schon wieder ein ganz anderer Mensch. Am Donnerstag war ich bei einem Arzt, der die Cortisontherapie für sehr sinnvoll hielt – auch längerfristig. Zu dem Grund dafür und seiner Diagnose morgen mehr. Natürlich sollte ich es auf Dauer versuchen das Cortison soweit wie möglich zu reduzieren, aber dabei doch so viel nehmen, dass es mir gut geht. Ich darf dabei nicht nur Sport machen, sondern soll es sogar – um die Knochendichte stabil zu halten. Grünes Licht für alles, was mir gut tut – dieser Arzt ist mir sehr sympathisch!! 🙂

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