Grob gesagt habe ich schon den Eindruck, die meiste Zeit meines Lebens ein vergleichsweise einigermaßen ausgeglichener Mensch zu sein. In dem Satz sind viele Relativierungen? Stimmt 🙂 Ich kann auch manchmal ein ganz schöner Hitzkopf und sturer Esel sein. Aber in der Regel doch ein friedlicher.
In den letzten Monaten fehlte mir mein körperlicher Ausgleich wirklich enorm – und ich merkte, wie ich unausgeglichener wurde – vor allem mir selbst gegenüber. Ich nahm wahr, dass meine Zufriedenheit mit mir und meinem Leben ins Wanken geriet – und suchte (und fand) eine Möglichkeit, den Weg zurück zu meinem positiven, auch mir selbst gegenüber freundlichen Ich einzuschlagen.
Daher kümmere ich mich seit ein paar Wochen vermehrt um meine Ausgeglichenheit, innere Ruhe und Zufriedenheit. Dabei lege ich den Fokus auf das Positive und nehme alles Schöne um mich herum bewusst und intensiv wahr.
Es ist ja leider wirklich so: Wenn es einem komplett gut geht, man aber einen kleinen Schnupfen hat, sind wir Menschen damit meist unzufrieden. Wenn der Schnupfen weg ist, man sich aber ein Bein bricht, ist es das Selbe. Man hängt immer in der Vergangenheit („vor ein paar Wochen ging es mir noch so“), oder in der Zukunft („das braucht zwei Wochen, bis es ausgeheilt ist“). Klar ist es nicht schön, in einer Richtung eingeschränkt zu sein, aber es gibt so unfassbar viel Schönes, was man auch mit laufender Nase, gebrochenem Bein oder fast allem anderen noch tun kann.
Das Erstaunliche und Erschreckende an der Sache: Die allermeisten Tage sind für die meisten von uns ja richtig gute Tage, an denen nichts weh tut, nichts kratzt, nichts zwickt. Wer sagt sich an diesen Tagen morgens nach dem Aufstehen: „Heute ist ein super Tag, mir geht es richtig gut, nichts tut mir weh.“ Wenn wir mal ehrlich sind: Niemand. Das soll keine Anschuldigung sein, ich möchte es nur vorsichtig hinterfragen: Wieso tut man das eigentlich nicht?
Ist es wirklich menschlich, sich immer auf das Negative zu fokussieren, das Positive als normal hinzunehmen? Ich denke nicht. Jedenfalls nicht überall. In unseren Regionen kommt es mir so vor, als hätten wir uns daran irgendwie gewöhnt.
Genau daran arbeite ich. Seit ein paar Wochen nehme ich mir morgens (oder wenn ich zu knapp aufgestanden bin auch gerne mittags) ein paar Minuten Zeit und konzentriere mich auf das, was gut läuft – körperlich und gesundheitlich, in meinem Umfeld, Beziehung, Familie, Freunde, Arbeit – alles was dazu gehört.
Ich habe dadurch an mir selbst im täglichen Umgang erst Mal keine Auswirkungen gemerkt. Da man mit sich selbst zwangsläufig jeden Tag umgeht, fallen einem kleinere Veränderungen nicht direkt auf. Aber in den vergangenen Tagen wurde ich auf eine kleine „Gemütsprobe“ gestellt, und habe dabei gesehen, dass es ganz wunderbar funktioniert. Es sind zwei Dinge passiert, für die ich ein bisschen ausholen muss:
- Vor ein paar Wochen bin ich von einem meiner Arzttermine im Saarland nach Hause gefahren. Es war einer dieser Tage, die suboptimal für mich liefen, da ich vom Arzt direkt wieder weggeschickt wurde mit dem Argument „wenn sie mit einem Heilpraktiker zusammenarbeiten, bin ich der falsche für Sie“.
Wütend, aufgebracht, enttäuscht fuhr ich nach Hause. Leider wirkte sich das wohl auch auf meinen Fahrstil aus, und ich drückte mit etwas zu viel Wut im Bauch aufs Gaspedal. Das soll natürlich keine Entschuldigung sein – höchstens für meinen mürrischen Gesichtsausdruck auf dem Foto 😀 am Rest bin ich natürlich selbst schuld. Als ich das Schreiben sah, zuckte mir kurz der Gedanke „kaum haste ein Auto, ist der Lappen weg“ durch den Kopf. Schon darüber freute ich mich – wenn ich mich ärgere ändert es ja nichts an der Tatsache, sondern nur an meiner Laune – die rauscht dann nämlich in den Keller.
Ganz so schlimm wurde es nicht, für die Geschwindigkeitsüberschreitung sollte es laut Strafenkatalog einen Punkt geben und mich 80€ kosten. Mit dem nächsten Brief wurde mir allerdings mitgeteilt, dass ich wegen meiner vorherigen Vergehen 50€ mehr zahlen muss. Wie man Vorstrafen bekommt, wenn man kein Auto hat? Indem man mit dem Fahrrad über eine rote Ampel fährt (und sich dabei erwischen lässt…).
Auch als ich daran dachte, musste ich grinsen. Mama fragte mich, ob ich mich nicht tierisch ärgerte – nö. Wirklich nicht. Ändert ja nichts. Und das meine ich auch nicht aufgesetzt, sondern wirklich. Ich ärgerte mich nicht. Das erstaunte mich ein bisschen, freute mich aber natürlich auch sehr.
- Zweite Geschichte: Letzte Woche war ich mit einer Freundin in der Stadt unterwegs (juhuuu, das kann ich wieder 🙂 ). Da wir nicht wussten, wie lange es dauern wird, löste ich ein Tagesticket an der Parkuhr. Als wir zurück waren, hatte ich dennoch ein Knöllchen! Verwirrter Blick auf das Ticket – das war tatsächlich abgelaufen! Offensichtlich war ein 2€-Stück von mir unbemerkt durch den Automaten gerutscht. Teuerstes Ticket genommen und trotzdem Protokoll – schade, aber auch nicht schlimm. Und im nächsten Moment schon wieder vergessen. Das heißt nicht, dass ich in meinem Alltag (noch) unvorsichtiger werden möchte und mich nicht mehr konzentrieren möchte. Aber ich lasse mich von Geschehenem, das ich nicht ändern kann, auch nicht mehr runter ziehen.
Natürlich sind das nur Kleinigkeiten, und da ich mir aus Geld nicht viel mache, hätte ich mich darüber auch vor meiner „mentalen Umstellung“ nicht maßlos geärgert. Aber ich hätte schon einige Zeit damit vergeudet, hätte im Negativen darüber gesprochen. Jetzt sind die Geschichten für mich nichts weiter als kleine, lustige Anekdoten aus meinem Leben.
Schön ist zudem, dass ich jetzt, rückblickend betrachtet, feststelle, dass sich das mittlerweile schon unbewust durch mein komplettes Leben zieht. Wenn mir etwas Negatives auffällt und meine Gedanken darum kreisen wollen, stoppe ich den „bösen Gedanken“ und scanne meine Situation nach Positivem. Innerhalb weniger Augenblicke habe ich statt einer fiesen Grübelfalte wieder ein Lächeln im Gesicht, und der Unmut ist vergessen.
Das hilft – sogar bei körperlichen Zipperlein, was mich immer noch verblüfft. Dazu morgen mehr, jetzt muss ich erst mal schlafen, damit ich morgen früh genug aus den Federn komme und Zeit für die positiven Gedanken habe. 🙂
1 thoughts on “Mensch, ärgere dich nicht”