Immer wieder erschreckend, wie ich selbst genau das alles falsch mache, was ich anderen so schön erkläre. Mein dazu passendes Motto: „Tu, was ich sage, nicht, was ich tue“, ist eigentlich auch nicht lustig. Nicht nur eigentlich, sondern absolut nicht lustig.
Meinen Patienten erkläre ich immer:
- „Es ist wichtig, dass du dir einen Ausgleich schaffst – körperlich und mental.“
- „Allgemeines Training ist manchmal besser als nichts, aber manchmal auch kontraproduktiv. Der Schlüssel zum Erfolg ist individuelles, zielgerichtetes Training.“
- „Deine Gesundheit ist das Wichtigste! Wenn DU DIR dafür keine Zeit nimmst, wofür dann?“
Jaja. Gelaber, Rhabarber. Schön, dass ich andere davon überzeugen kann (das kann ich wirklich!). Schön, dass andere glauben, dass ich das auch so handhabe (zum Glück glauben sie das, sonst wäre ich nicht überzeugend). Aber warum zur Hölle kriege ich das für mich nicht auf die Reihe?
„Aber du machst doch so viel Sport!“, ist die Antwort meiner Mitmenschen auf diese Frage, wenn ich sie laut ausspreche. Jein. Eigentlich nicht. Ich trainiere ja nicht den ganzen Tag, sondern ich übe meinen Beruf aus. „Training ist das systematische Durchführen sportlicher Übungen“. Was für meine Patienten also zielgerichtetes Training ist (und ich aus Motivationsgründen oft mitmache), ist für mich „nur“ Sport oder Bewegung, da ich andere Voraussetzungen und Ziele habe.
Ich bewege mich also viel, bin am Ende des Tages platt – aber habe noch nicht trainiert und meist kein bisschen an meinen ganz persönlichen Baustellen gearbeitet. Im Gegenteil, oft kommt über den Tag verteilt einiges an Übungen zusammen, die mir (und meiner Hüfte) nicht gerade gut tun. Die daraus resultierenden Schmerzen motivieren mich abends auch nicht gerade dazu, nochmal wirklich zu trainieren.
Heute habe ich mit einer Kollegin gesprochen, die mir erklärte, dass sie sich weder zu Hause, noch auf der Arbeit zum Training motivieren kann, bzw. nicht dazu kommt, weil immer irgendetwas wichtiger ist. Das war für mich wie eine Erleuchtung: Verdammt, genau so geht es mir. Immer ist alles wichtiger: „Kein Problem, auf einen Patienten mehr heute Abend kommt es nicht an, und logisch, den Kurs kann ich auch noch übernehmen.“
Tja. Und nun? Wie löse ich das Problem? Ich versuche das mal sachlich zu analysieren:
Ist-Zustand: Ich liebe meinen Job und finde es genial, den physischen (und oft auch den psychischen) Zustand meiner Patienten zu verbessern.
Soll-Zustand: Den Ist-Zustand beibehalten, und gleichzeitig die Zeit und Energie aufzubringen, an meiner persönlichen Entwicklung zu arbeiten.
Lösungsidee: Ich glaube, ich werde mich mal selbst als Patienten anlegen. Mir sorgfältig aufeinander aufbauende Pläne schreiben. Und mir Termine für mein Training legen. Denn wenn ICH mir für MEINE Gesundheit keine Zeit nehme, wofür dann? 😉
Ganz richtig. Und wenn Du dir für DEINE Gesundheit keine Priorität einräumst, kannst Du auch keinem anderen zu seiner Gesundheit helfen. Ein bisschen gesunder Egoismus in diesem Thema ist voll okay (y)