Bus und Radfahrer

Wünsche für den Straßenverkehr

Heute Nachmittag habe ich eine ganz entspannte Radtour mit einem Freund unternommen. Wir fuhren auf der Straße zwischen Leimen und Johanniskreuz. Es war tolles Wetter, warm, sonnig, die Straßen waren, wie man es von einem Sonntagnachmittag im Juni erwartet, leer. Na gut, fast leer. Mit ein paar Auto- und Motorradfahrern teilten wir uns friedlich die Straße – ach ne, stopp. Das war ja meine Wunschvorstellung.

In Wirklichkeit machten uns einige – natürlich nicht alle – das Leben ganz schön schwer. Oder besser gesagt das unversehrte Überleben. Unterm Strich kamen wir auf weit über 20 Mal angehupt werden und unzählige zu enge Überholvorgänge, bei denen es vier Mal wirklich eng war. Das muss man sich mal ganz grausam vor Augen halten: In noch nicht einmal zwei Stunden entgehen zwei friedliche Radfahrer jeweils zwei Mal nur knapp dem Angefahren werden. Ich möchte das nicht unnötig dramatisieren, aber machen wir uns nichts vor: Wenn man von einem etwa 100 km/h fahrenden Auto angefahren wird, braucht man sich danach nicht mehr überlegen, ob man den Fahrer bei der Polizei anzeigt. Dann überlegen die Angehörigen,  was in der Todesanzeige stehen soll.

Jeder hat doch den einen Sohn,  Bruder oder Freund, der so gerne Fahrrad fährt. Möchtet ihr nächste Woche auf seine Beerdigung gehen? Eher nicht, oder? Was wir uns alle immer wieder verdeutlichen sollten, auch wenn uns der Radfahrer da vor uns grade ganz fürchterlich nervt: Auch er ist der Sohn, Bruder und Freund von jemandem. Auch er möchte sein Leben – auf und neben der Straße – weiterhin genießen.

Die Krönung heute ein älterer Herr aus Bad Dürkheim, der uns überholte – wohlgemerkt auf gerader Strecke ohne Gegenverkehr, also völlig problemlos-, uns daraufhin die Fahrbahn abschnitt, abrupt vor uns abbremste, und im Schritttempo vor uns her Schlangenlinien fuhr. Auch wir mussten in die Eisen steigen, um nicht durch seine Heckscheibe zu fliegen. Als wir versuchten, ihn zu überholen, zog er das Tempo an und schnitt uns erneut den Weg ab.

Ich verstehe wirklich nicht, was im Kopf dieses Menschen vor sich geht. Wir haben ihn nicht beim Fahren gestört – und trotzdem sieht er sich offensichtlich in der Pflicht, uns zu maßregeln, uns deutlich zu machen, dass wir auf der Straße nichts verloren haben. Scheinbar SEINER persönlichen Straße. Warum eigentlich glauben manche Autofahrer, dass die Straßen ihnen gehören? Warum nehmen sie sich heraus, zu entscheiden, wer angehupt, ausgebremst und in Gefahr gebracht werden darf?

Sollte man es nicht befürworten, wenn es Menschen gibt, die nicht für jeden Meter, den sie zurücklegen wollen, die Luft verpesten und die Straßen verstopfen? Wenn es so weiter geht, wird es die allerdings nicht mehr lange geben – entweder, weil sie sich nicht mehr mit dem Rad auf die Straße trauen, oder weil sie alle umgefahren wurden. Laut der Süddeutschen Zeitung stirbt in Deutschland alle 22 Stunden ein Radfahrer, alle 36 Minuten verletzt sich einer schwer.  Ist das nicht völlig wahnsinnig? Und das liegt offensichtlich nicht nur an Menschen, die im Straßenverkehr überfordert sind, und an unglücklichen Unfällen – nein, das liegt meistens am Ego der stärker motorisierten Verkehrsteilnehmer.

Bitte nicht falsch verstehen – es ist mir durchaus bewusst, dass es genauso Radfahrer gibt, die den Verkehr gefährden. Ich möchte da auch keine Einzelsituationen rausgreifen und diskutieren, das wird an verschiedensten Stellen schon zur Genüge getan.

Aber dass man für seine bloße Anwesenheit auf einer Landstraße mit ständigem angehupt-werden, lebensgefährlichen Überholvorgängen und ausgebremst-werden rechnen muss, das geht mir zu weit. Ich möchte gerne weiterhin Fahrrad fahren, und ich möchte keine Angst haben müssen, wenn meine radelnden Freunde draußen unterwegs sind. Es geht hier nicht um Recht oder Prinzipien, nicht ums Ego, und nicht um Zeit. Es geht um Gesundheit, und vielleicht sogar um Leben und Tod. Ist das die 20 Sekunden, die man durch einen riskanten Überholvorgang früher am Ziel ist, wirklich wert?

Deshalb meine Bitte: Ob ihr nun Radfahrer, Motorradfahrer oder Autofahrer seid: Verhaltet euch so, als ob euch etwas am Leben der anderen hängen würde, und passt aufeinander auf.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert